Hochsensibilität ist eine Gabe

16. Juni 2025

Hast du dich bereits ein wenig mit dem Thema Hochsensibilität beschäftigt? Vermutest du hochsensibel zu sein und möchtest mehr Klarheit darüber? Vielleicht suchst du aber auch nach Wegen, bestimmte Verhaltensweisen und Probleme in deinem Leben einzuordnen und dich dadurch besser zu verstehen.  Für all diese Anliegen bist du hier richtig.

Kennst du einige der unten stehenden Merkmale?

Merkmale von Hochsensibilität:

  • Hochsensible haben eine sehr feine und detaillierte Wahrnehmung. (Geräusche, Gerüche, Geschmack, Energien)
  • Sie besitzen eine lebhafte Vorstellungskraft und eine große Kreativität.
  • Das Streben nach Vollkommenheit und Klarheit gehört zu ihrem Leben.
  • Eine erhöhte körperliche Empfindlichkeit und Empfindsamkeit macht ihnen manchmal zu schaffen. (Schmerz, Wärme, Kälte, Nässe, Druck)
  • Hochsensible Menschen haben eine hohe Wahrnehmung der eigenen inneren/subjektiven Welt und der inneren Welt der Anderen. Sie spüren, was im Gegenüber gerade geschieht, wie dieser fühlt und denkt.
  • Sie besitzen eine gute Lernfähigkeit und eine Lernbegeisterung bis ins hohe Alter.
  • Sie sind gute Zuhörer und haben Interesse die Welt des Gegenübers kennenzulernen.
  • Auf Medikamente und Alkohol zeigen sie eine verstärkte Reaktion, in Form von Unverträglichkeit.
  • Hochsensible besitzen eine ausgeprägte Intuition.
  • Sie haben die Fähigkeit zur Wahrnehmung von anderen Ebenen, von Energien und Wesenheiten.
  • Eine enorme Gewissenhaftigkeit und Sinn für Ordnung sind wichtige Bestandteile ihres Lebens.
  • Hochsensible Menschen besitzen einen ausgeprägten Ethik- und Gerechtigkeitssinn.
  • Sie reflektieren ihre eigenen Gedanken und Gefühle, suchen nach dem Sinn des Lebens und besitzen einen Hang zur Melancholie.
  • Durch ihre erhöhte und nicht gut gefilterte Wahrnehmung sind sie schnell erschöpft oder unter Anspannung, was zu körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen führt.
  • Angst, Depression, Fatigue, Fibromyalgie, Erschöpfung und Burnout sind häufige Folgen der Reizüberflutung.
  • Regelmäßig brauchen sie ihren Rückzug und Alleinsein zur Regeneration.

Erkennst du dich in einigen dieser Merkmale wieder? Wenn ja, dann könnte es sein, dass du hochsensibel bist. Etwa 15-20% der Menschen sind hochsensibel, werden entweder bereits so geboren oder erhalten ihre erhöhte Sensibilität durch frühkindliche Traumatisierung.

Ich meine, dass beides eine Rolle spielt, also mit hoher Sensibilität geboren zu sein und zusätzlich eine frühkindliche Traumatisierung durch Bindungsstörung erlitten zu haben.

Es suchen öfters Menschen meine Hilfe, die über diverse Probleme und Symptomatiken klagen, die das Gefühl haben anders, kompliziert, zu schwach oder komisch zu sein, die sich irgendwie fremd fühlen in dieser Welt und unter den Menschen. Im therapeutischen Prozess mit ihnen kommt meistens ihre Hochsensibilität zum Vorschein. Sie bekommt dann zum ersten Mal ihren Namen und der Mensch endlich eine Erklärung für sein „So“ sein und damit eine massive Erleichterung.

Der Begriff „high sensitive person“ (kurz: HSP) wurde in den 1990er Jahren von der amerikanischen Psychologin Elaine N. Aron geprägt. Sie beschrieb die Grundstrukturen der Hochsensibilität als ein Persönlichkeitsbild und beobachtete, dass die Wahrnehmungen der Hochsensiblen detailreicher sind als die anderer Personen und eine tiefere Verarbeitung der Eindrücke stattfindet. Auch der natürliche Wahrnehmungsfilter ist – laut Aron – bei hochsensiblen Personen weniger ausgeprägt. So strömen viel mehr Informationen ungefiltert ein, die zur Überforderung führen können.

Hochsensibilität ist keine Krankheit, sondern eine Wahrnehmungsbegabung. Durch die feine und sensible Wahrnehmung besteht die Tendenz zur Überstimulation, wodurch unterschiedliche körperliche und psychologische Symptome (Überreiztheit, Nervosität, vegetative Symptome, Übelkeit, Schwindel, Erschöpfung) entstehen.

Vielleicht sind dir Aussagen wie: „Stell dich nicht so an!“, „Sei nicht so empfindlich!“ oder „Was du wieder hast!“ und „Du bist aber auch kompliziert.“ äußerst vertraut. Hochsensible werden von Normalsensiblen häufig als unnormal wahrgenommen. Das beginnt bereits während der Kindheit in der Beziehung mit den Eltern und Geschwistern. So bekommen hochsensible Kinder schnell das Gefühl anders, falsch oder empfindlich zu sein und irgendwie nicht in diese Welt zu passen. Um trotzdem dazuzugehören, angenommen und geliebt zu werden, versuchen sie sich perfekt anzupassen, verlassen sich selbst ein großes Stück und überfordern sich damit.

Hochsensible Menschen gehen perfektionistisch an ihre Aufgaben heran und stellen an sich selbst sehr hohe Ansprüche. Sie wollen mit den anderen Schritt halten, können schlecht Nein-Sagen und sich schlecht abgrenzen. Sie nehmen Eindrücke intensiver wahr, brauchen länger für die Verarbeitung und geraten dadurch früher in einen Ermüdungs- oder Erschöpfungszustand. Hochsensible Menschen müssen lernen achtsamer mit sich und ihrem sensiblen Wesen umzugehen aber auch Herausforderungen zu meistern.

Das wichtigste ist jedoch, die eigene Hochsensibilität für wahrhaftig zu nehmen und sich einzugestehen, dass man anders ist als die restlichen 80% der Menschen. Es ist im Grunde eine Ressource, kann aber auch zur Belastung werden, wenn man „normal“ leben möchte.

Ich selbst war auch einmal an dem Punkt. Jahre habe ich mich fremd in dieser Welt gefühlt. Als Kind hatte ich diverse Erlebnisse mit Geistern und andersartigen Wesenheiten. Ich konnte hinter die Maske von Menschen sehen und erkannte ihre andere Seite. Die Natur war mein Zuhause und so hielt ich mich viel im Garten, auf Wiesen und in Wäldern auf.

Leider konnten meine Eltern meine Erlebnisse in anderen Welten und mit anderen Wesen, meine feine und hochsensible Wahrnehmung nicht verstehen und so bekam ich schon sehr zeitig Medikamente, um ein „normales Kind“ zu werden. Viele Jahre wurde es dann still aber auch stumpf in mir und um mich herum. Ich funktionierte für meine Eltern, für die Gesellschaft, für Lehrer und Erzieher, indem ich die Feinheiten und das Hochsensible unterdrückte.

Als ich erwachsen wurde, meldete sich meine Wahrnehmung für die Anderswelt zurück, zuerst ungewollt und dann mehr und mehr erforschend. Die Welt um mich herum wurde wieder bunter, interessanter und faszinierender. Der Teil der Anpassung und des Funktionierens blieb allerdings, als Rudiment meiner Kindheit und führte mich irgendwann ins Burnout und in die Erschöpfung.

Viele Jahre konnte ich nicht erkennen und begreifen, wollte es nicht wahrhaben, wie zart besaitet ich bin. Ich dachte immer, andere schaffen es doch auch und noch viel mehr. Als kleines Mädchen hatte ich bereits gelernt stark zu sein und zu kämpfen, da von meinen Eltern wenig Unterstützung kam. So kämpfte ich weiter, bis ins Burnout.

Mit Anfang 30 bemerkte ich zum ersten Mal, dass mich Partys, Geburtstage, Feiern und viele Menschen völlig überforderten und erschöpften. Ich vernahm jedes Detail, hörte jedes Gespräch und spürte jede noch so kleine Schwingung. Laute Geräusche, helles Licht, starke Gerüche und komische, unklare Stimmungen triggerten mich und ich reagierte somatisch mit Schwindel, Übelkeit, Schweißausbrüchen und Verspannungen. Ich fühlte mich schwach, krank und unfähig. In Partnerschaften und auch im Freundeskreis war es oft schwierig, da ich bestimmte Veranstaltungen und Treffen mied oder bereits zeitig wieder verließ (zu laut, zu stressig, zu viele Menschen). Irgendwann bekam ich mein erstes Buch über Hochsensibilität in meine Hände und erkannte mich in jeder gelesenen Zeile wieder. Es war wie nachhause kommen.

Trotzdem  muss ich mich auch heute immer wieder daran erinnern, dass ich eine hochsensible Frau bin, weniger belastbar wie andere und mit einer sehr feinen Wahrnehmung. Ich brauche meinen Rückzug und Alleinsein, um zu regenerieren und meine Batterien aufzutanken. Ein Teil in mir möchte „normal“ sein und beim „Schneller, Höher, Weiter“ der Gesellschaft mitmachen, um dazuzugehören. Ein anderer Teil weiß, dass es gut ist wie es ist und ich mit meiner Hochsensibilität ein besonderes Geschenk erhalten habe, meine feine und tiefe Wahrnehmung in verschiedenen Welten.

Hochsensibilität ist keine Krankheit. Es ist eine Gabe, ein Geschenk, wenn du es nimmst und in Liebe auspackst. Lehnst du deine Zartheit ab, wird es psychisch und körperlich schwierig, da du dich immer wieder in die Überforderung zwingst.

Die Gabe annehmen bedeutet, dass du ja sagst anders zu sein, dass du die zarte Seite in dir wertschätzt und lebst. Veränderung entsteht oft durch Kapitulation, durch Loslassen und Annehmen. Wenn du das Glas halb voll siehst und nicht ständig halb leer, wenn du das Gute deiner Gabe in den Vordergrund stellst, dich ihr mit Hingabe näherst, dann wird dein Leben leichter und entspannter. Der Wiederstand gegen die ganze Symptomatik, die Hochsensibilität mit sich bringt, ist das Schwierigste.

Gemeinschaften und Gesellschaften bestehen aus verschiedenen Menschentypen und jeder hat seine Berechtigung und seinen Wert. Hochsensible Menschen gab es schon immer. Sie waren die Seher, Schamanen, Heiler, Wahrsager, Künstler und Kräuterhexen, da sie mit ihrer feinen Wahrnehmung durch den Schleier des Rationalen sehen und hören können.

Also, erkunde deine Gabe, sag JA zu deinem Anders Sein. Was ist das Gute an deiner Hochsensibilität und wie kannst du sie nutzen, statt zu verdammen. Sorge gut für Dich und denke daran, dass du zart besaitet bist. Lerne NEIN zu sagen, Grenzen zu setzen, dir deinen Raum zu nehmen und deine Energie gut einzuteilen.

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"Es ist leichter Probleme zu lösen, als mit ihnen zu leben."

Teilhard de Chardin